6 Digi-Skills für die moderne Landwirtschaft
Welche digitalen Kompetenzen brauchen Menschen, die in der Landwirtschaft bzw. im Agrarsektor arbeiten? Wie kann man landwirtschaftliche Betriebe auch in Zukunft erhalten? Wie lernen Menschen im Agrarsektor am liebsten? Diese Fragen habe ich mir und vor allem Landwirt*Innen im Rahmen einer Studie für das EU Projekt DigiCulTS gestellt. Dieser Blogpost beleuchtet einen Teil meiner Studienergebnisse: Digi-Skills, die Landwirt*Innen brauchen.
Für DigiCulTS wollen wir vor allem wissen, welche digitalen Kompetenzen und Fähigkeiten (basierend auf DigComp) für den Agrarsektor, der von Klein- und Mittelunternehmen geprägt ist, besonders interessant sind.
Die Studie
Die PartnerInnen von DigiCulTS haben einen Online-Fragebogen erstellt, den ich an Landwirt*Innen in Österreich versandt habe: bit.ly/agrarfragebogen. Dafür habe ich vor allem einschlägige Facebookgruppen sowie Lehrgangsverteiler mit Agrarbezug genutzt. Darüber hinaus haben unsere KollegInnen in Griechenland einen Leitfaden für qualitative Interviews entwickelt, der die Grundlage für die Interviews bildete.
Ich habe 9 Interviews mit Menschen geführt, die im Agrarsektor tätig sind: Betriebsleiter*Innen (4), Mitarbeiter*Innen (3) und Saisonarbeiter*Innen (2). Vielen lieben Dank an alle, die Zeit für mich hatten und Ihre Erfahrungen und Gedanken geteilt haben! Ich habe sehr viele spannende Inputs bekommen und hier sind erste Ergebnisse:
Die Ergebnisse: 6 Digi-Skills im Agrarsektor
1) Digitale Probleme im Team lösen können
GPS, Precision Farming, Finanz-Online, eAMA, etc. – viele Technologien und Plattformen werden in der Landwirtschaft bereits genutzt. Welche Trends in der Landwirtschaft am Vormarsch sind, kann auch im Artikel “Jetzt kommen die Hightech-Bauern” in der Frankfurter Allgemeine nachgelesen werden. Egal, welche Technologie oder welche Plattform, eines passiert immer wieder: Technische Probleme, Bugs in Programmen oder Anwendungsprobleme in einer spezifischen Situation. Es geht darum, dass man
- die digitalen/technischen Probleme dokumentieren kann,
- die richtigen Techniker*Innen und Programmierer*Innen kennt bzw. Zugang zu diesen hat, etwa per Servicevertrag, Outsourcing oder Freundschaft 🙂
- und mit diesen die Probleme lösen kann.
Nur so kann verhindert werden, dass längere Verzögerungen verhindert werden können, denn gerade in der Landwirtschaft muss man oft sehr spontan, je nach Wetter, agieren. Die Ernte kann nicht warten.
6) Bauer und Bäuerin als Technologie-Scouts
IoT, digital farming, Landwirtschaft 4.0,….diese und viele andere Buzzwords gibt es in der Szene. Es tut sich gerade viel in Forschung und Entwicklung in diesem Sektor. Dadurch kann flexibler und effizienter gearbeitet werden und der Anteil der manuellen Arbeit verringert sich in der Landwirtschaft. Ist alles wirklich so einfach? Weit gefehlt! Nicht jede Technologie passt zu jedem Betrieb bzw. zu allen Regionen. Es müssen viele Faktoren zusammenpassen. Landwirt*innen müssen:
- am Laufenden bleiben und wissen, welche neue Technologie es am Markt gibt
- bewerten, ob die Technologie passend für den Kontext des eigenen Betriebs wäre (Größe des Betriebs, Region, Logistik, Produkte etc)
- bewerten, ob und wie sich die Investition rentieren kann in den nächsten Jahren
Neuer Technologieeinsatz beeinflusst den Betrieb und sein Geschäftsmodell empfindlich. Das ist nicht unbedingt eine Bürde, sondern auch eine Chance für das weitere Überleben des Betriebs, aber eines ist klar: Landwirt*Innen sind Unternehmer*Innen und müssen als solche wachsam die Entwicklungen in der Gesellschaft und der Technologie beobachten.
3) Bauern und Bäuerinnen als Content Creators
Content Creation ist besonders für den B2C-Bereich wichtig, also immer, wenn man direkt an die EndkundInnen verkauft. Wie kann man das, was am eigenen Betrieb besonders ist, digital verkörpern? Wie kann man KundInnen über Angebote, Neuigkeiten und Hintergrundinfos zum Betrieb am Laufenden halten und damit den Absatz steigern? Das geht am besten über Content Creation im Netz. Bild, Text, Videos auf sozialen Netzwerken und auf der eigenen Webseite teilen sind zentral. Aber am aller wichtigsten: Man muss authentisch sein!
Ein Beispiel von der Facebook-Seite des Apfelhof Grundschober, den meine Eltern betreiben:
Mit dem Posting konnten meine Eltern innerhalb von 24h 2400 Leute auf Facebook erreichen und der Beitrag wurde 24mal geteilt. Ein tolles Ergebnis und so konnte sichergestellt werden, dass auch alle Äpfel im Garten gepflückt werden!
4) eCommerce Skills
Während des Lockdown am Anfang des Jahres wurde klar: Die KundInnen müssen online einkaufen können! Ein Online-Shop muss her. Der gute, alte Hofladen erfüllt zwar noch immer seine Pflicht, jedoch kann ein Online Shop viele Probleme in der Beschaffung von frischen und regionalen Lebensmitteln lösen. Es gab schon innovative Konzepte wie etwa Bio-Kisterl, etc. – nun gibt es einen weiteren Aufschwung in Online-Bestellungen und Lieferdiensten, auch im Agrarsektor. Gerade in der Region um Krems haben auch viele WinzerInnen nun Online Shops eingerichtet, die erfolgreich laufen.
Auch hier gilt: Es hilft Menschen zu kennen, die einen Online-Shop im Betrieb implementieren können, aber dennoch muss man auch selbst dabei viel erlernen, meistens ist es dann learning-by-doing. Das ist auch die Mentalität, auf die ich oft gestoßen bin: Viele Landwirt*Innen lernen problembasiert und praktisch mit jeder neuen Herausforderung. Echte Lifelong Learner!
5) Rechtliche Grundlagen im Netz
Was immer wieder als sehr wichtig identifiziert wurde: Man muss sich mit Urheberrecht und der Datenschutzgrundverordnung gut auskennen, ansonsten kann es teuer werden. Dabei gilt ein ein paar Grundregeln zu beachten – bei Spezialfällen findet sich oft Hilfe im persönlichen Netzwerk.
6) Community Managen: Shitstorms und Trolls souverän begegnen
Im Internet und sozialen Netzwerken vertreten sein bedeutet, dass man viele potentielle KonsumentInnen erreichen kann, aber auch, dass man transparent ist! Man baut sich online eine Reichweite und Follower (Community) auf, mit diesen gilt es in Dialog zu treten und dadurch viele wertvolle Informationen und weitere Reichweite zu bekommen. Man wird bewertet, User kommentieren – und das nicht immer auf positive Art und Weise. Das kann auch nützliches Feedback sein, manchmal hat man es aber auch einfach mit fiesen Trolls zu tun.
Was meint ihr?
Welche digitalen Skills brauchen heutzutage Landwirt*Innen? Bzw. welche Skills brauchen Sie in Zukunft, um mit ihrem Betrieb bestehen zu können?